Analyse
So setzt man Linkedin im Marketing richtig ein
Ursprünglich als Plattform für Netzwerke und Karriereentwicklung konzipiert, entwickelte sich Linkedin sowohl für Unternehmen als auch Personen zu einer Möglichkeit, sich vorteilhaft zu präsentieren und dabei gezielt Entscheider anzusprechen.
Dank der wachsenden Zahl an Marketing-Tools wird Linkedin zunehmend zur wichtigen Möglichkeit, Leads zu generieren, Kundenbeziehungen zu pflegen und das Markenprofil zu schärfen. Nicht nur für B2B, sondern mehr und mehr auch im Consumer-Bereich. Unsere Analyse zeigt, für wen sich Werbung auf Linkedin eignet und welche Art von Content dort funktioniert.

Künstliche Intelligenz hält derzeit gefühlt überall Einzug – und natürlich macht auch das Netzwerk Linkedin dabei keine Ausnahme. Neue Tools sollen der 2002 in den USA gegründeten Plattform, die sich seit 2016 im Besitz von Microsoft befindet, weiteren Zulauf verschaffen.
Anfang Oktober kündigte Linkedin die Einführung weiterer KI-gestützter Anwendungen an: "Recruiter 2024" soll Personalvermittlern helfen, geeignete Job-Kandidaten noch schneller zu finden. Das im Fortbildungsbereich angesiedelte "AI-Coaching" soll den Nutzern maßgeschneiderte Informationen zu bestimmten Zielen oder Fähigkeiten liefern – etwa für das richtige Vorgehen bei Management-Aufgaben.
Der "Accelerate für Campaign Manager" geht Marketern bei der Kampagnenerstellung zur Hand: Das Tool erstellt in wenigen Minuten eine End-to-End-Kampagne – und macht auch noch Vorschläge für Optimierungen, um die richtige B2B-Zielgruppe mit ansprechenden Creatives zu erreichen. Und auch der Sales-Bereich wurde nicht vergessen: Der "Sales Navigator" kann dank KI-gestützter Suche und "AccountIQ" – die Kunden-Suche und -Betreuung vereinfachen.
Die Tools befinden sich noch in der Pilotphase und werden derzeit mit ausgewählten Unternehmen getestet. Ab wann sie für alle Nutzer zugänglich sind, ist noch offen. Spätestens 2024 dürfte es so weit sein.
Die Nutzerzahl wächst
Doch schon vor dem Einsatz von KI erhielt Linkedin in den letzten Jahren einen kräftigen Zulauf. Global hat die Plattform, die vorrangig der Pflege bestehender Geschäftskontakte und dem Knüpfen neuer Verbindungen dient, derzeit laut Statista über 850 Millionen Anwender in 200 Ländern und Regionen.
Über 200 Millionen davon stammen aus den USA, Europa liegt mit 156 Millionen etwas darunter. Die Zahl der auf der Plattform vertretenen Unternehmen wird mit rund 58 Millionen beziffert.
Insbesondere internationale Konzerne spielen das Networking-Game intensiv mit. An der Spitze des Rankings steht laut einer aktuellen Auswertung von Linkedin Amazon mit rund 31,2 Millionen Followern. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Google (29,9 Millionen) und Linkedin selbst mit 25,5 Millionen.
Ebenfalls in den Top Ten: Microsoft (20,5 Millionen), Unilever (19,1 Millionen) und Apple mit 18,8 Millionen Followern. Meistgefolgtes deutsches Unternehmen ist Siemens mit derzeit 6,6 Millionen Followern.
Im DACH-Raum hat sich die Mitgliederzahl in den letzten Jahren sukzessive vergrößert: Anfang 2021 gab es in Deutschland, Österreich und der Schweiz rund 16 Millionen Nutzer. Ein Jahr später waren es 18 Millionen; aktueller Stand aus dem Mai 2023 sind 20 Millionen Nutzer.
Die Werbeeinnahmen steigen
Bis 2025 werden 8,3 Mrd. US-Dollar erwartet
Werbeeinnahmen von LinkedIn weltweit in den Jahren 2021 und 2022 sowie eine Prognose bis 2025 (in Milliarden US-Dollar). Quelle: Insider Intelligence (ehemals Emarketer)/Statista
B2B ist Schwerpunkt, B2C holt auf
Millennials machen weltweit den Großteil der Linkedin-Nutzerbasis aus: 60 Prozent sind laut des Social-Media-Dienstleisters Hootsuite zwischen 25 und 34 Jahre alt. Danach folgt die Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen mit 21,7 Prozent sowie die 35- bis 54-Jährigen mit 15,4 Prozent. Knapp 60 Prozent der Nutzer sind Männer.
Insbesondere im Bereich B2B-Marketing ist Linkedin anderen Sozialen Netzwerken deutlich voraus. Bei einer Umfrage von Social Media Examiner aus dem Januar 2023 gaben knapp die Hälfe von 2133 Marketingverantwortlichen an, die Plattform bevorzugt dafür zu nutzen.
Im Consumerbereich sieht es derzeit noch anders aus: Für B2C-Zwecke wird Linkedin nur von 8,0 Prozent eingesetzt. Hier liegt Facebook mit 56 Prozent eindeutig an der Spitze. Doch auch im Bereich B2C holt Linkedin auf – insbesondere in spezifischen Zielgruppen.
Etwa bei denjenigen, die sich vor einem Kauf noch in der Informationsphase befinden. Bei diesen "Future Buyers" kann es via Linkedin gelingen, "Beziehungen aufzubauen und Vertrauen zu gewinnen, bevor der Kaufprozess beginnt", so Alexander Boecker, Co-Founder und Managing Director der Social-First-Agentur Nerds. Mittelfristig lassen sich so auch langfristige Beziehungen zu Kunden etablieren. Auch über Mitarbeiter des Hauses, die als Corporate Influencer agieren können – ebenfalls ein wachsender Trend.
Im Mittelpunkt stehen bei Linkedin für den Großteil der Nutzer die Möglichkeiten, geschäftliche Kontakte zu knüpfen und zu pflegen sowie das eigene Personal Branding zu intensivieren. Und das tun immer mehr Nutzer auch in Form von Werbeformaten.
Das zeigen die wachsenden Marketing-Umsätze: Laut einer Studie des Marktforschungsunternehmens Insider Intelligence nahm Linkedin im Jahr 2021 mit Werbung weltweit rund fünf Milliarden Dollar ein. 2023 werden es voraussichtlich 6,4 Milliarden sein. Bis 2025 wird der Bereich auf rund 8,3 Milliarden Dollar ansteigen, prognostiziert Insider Intelligence.
B2B-Marketing liegt bei Linkedin weit vorn
B2C holt jedoch mit wachsender Nutzerzahl auf
Anteil der B2B- und B2C-Unternehmen, die die aufgeführten Social-Media-Kanäle für das Marketing bevorzugt nutzen. Weltweite Online-Umfrage unter 2.133 Marketingverantwortlichen aus dem Januar 2023. Quelle: Social Media Examiner/Statista
Mehr Brand Awareness, Leads und Conversions
Die gängigsten Kampagnenziele auf Linkedin sind die Steigerung der Brand Awareness, Consideration (Videoaufrufe, Website-Besucher, Engagement) sowie Conversions, sprich das Generieren von Leads und Bewerbern sowie Website-Conversions. Zudem lassen langfristige Beziehungen mit potenziellen Kunden aufbauen. "Es ist ein mächtiges Werkzeug, das sich besonders für B2B-Marketing und komplexe Verkaufszyklen eignet", so Alexander Boecker.
Was kann Linkedin-Marketing?
5 Tipps von Alexander Boecker zum gezielten Einsatz
1. Es kann Bedarf in scharf abgrenzbaren Zielgruppen schaffen, insbesondere auf C-Level-Ebene. Während andere Plattformen oft vorhandenen Bedarf bedienen, ermöglicht LinkedIn die gezielte Generierung von Interesse und Nachfrage.
2. Die qualitativen Auswertungen, die LinkedIn bietet, helfen bei der genauen Analyse, welche Unternehmen, Jobtitel und Senioritätsgrade erreicht werden.
3. Die Full-Funnel-Marketingstrategie reicht von Awareness bis zur Conversion. Darüber hinaus unterstützt es Account-Based-Marketing, bei dem gezielt bestimmte Accounts angesprochen werden.
4. Die Möglichkeit zur Positionierung und zum Aufbau von Thought Leadership, sowohl über Unternehmensprofile als auch über persönliche Profile. Die Kombination erlaubt es, Expertise und Glaubwürdigkeit effektiv zu präsentieren.
5.Die Integration von Audiences aus dem Customer-Relationship-Management (CRM) und die Nutzung des Sales Navigators ermöglichen effektive Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb.

Welche Art von Content kommt an?
Welcher Content am erfolgreichsten ist, hängt natürlich auch immer vom jeweiligen Marketingziel ab. "Marken kommunizieren weiterhin am liebsten über ihre Produkte. Das sollte aber nicht der erste Schritt sein und vor allem nicht der einzige", betont Boecker. "Hilfreiche Inhalte, Studien, Ratgeber und Checklisten, die je nach Zielgruppe strategische oder operative 'Hands on'-Tipps beinhalten, funktionieren gut. Wenn Personen und nicht Marken die Absender sind, lässt sich das hervorragend mit persönlichen Erfahrungen und Haltungen kombinieren."
Grundsätzlich gelte: Von problemorientierter Kommunikation ("An diesen drei Herausforderungen scheitern gerade x Prozent in Branche X") über lösungsorientierte Posts ("5 große Hebel: Wie die Marktführer in Branche X gerade ihre Profitabilität um Faktor y erhöhen") bis hin zu Produkt-Darstellungen ("Wie wir Geschäftsführern mit Produkt X 20 Prozent mehr Zeit für ihre eigentliche Arbeit schenken") sollte alles an Content gespielt werden, so Boecker. "Je persönlicher, je hilfreicher, desto besser."
Immer noch stark unterschätzt werde Video-Content. Viel zu wenig Unternehmen würden das Format nutzen - obwohl es aufmerksamkeitsstark sei, den Nutzer binde, Vertrauen zu einer Person aufbauen könne und technisch eine wichtige Rolle im Retargeting spiele.
Was hingegen weniger gut ankommt, ist der Hang mancher Nutzer – oder auch Unternehmen - , im Rahmen ihres Personal Brandings über das Ziel hinauszuschießen und sich in hemmungslosen Lobhudeleien ergehen.
Ein Umstand, der nicht zuletzt vom Wachstum der Plattform mit verursacht wird. "Ist viel Schein auf LinkedIn, der in der Realität nicht viel Substanz hat? Sicher. Da bleibt nur, Erfolgsmeldungen nicht naiv hinzunehmen, sondern auch mal zu hinterfragen und sich nicht irre machen zu lassen, dass angeblich alle Marktteilnehmer laufend riesige Schritte nach vorn machen", rät Boecker.
Substanz zeige sich auch auf der Plattform – aber durch Konstanz. Ein zweites Instagram werde Linkedin aber trotz des zunehmenden Trends zu menschelnden Postings sicher nicht werden – das zeige die Entwicklung in anderen Ländern, in denen Linkedin eine deutlich größere Durchdringung aufweist.
Das sind die gängigsten Werbeformate auf Linkedin
Single Image Ads: Sie tauchen, gekennzeichnet als Anzeige, direkt im Newsfeed der Nutzer auf. Sie eignen sich, um Leads zu generieren, die Brand Awareness zu steigern und das Engagement zu pushen. Seit Juni 2023 gibt es die Variante "Thought Leader Ads", bei denen die Posts einzelner Personen beziehungsweise Mitarbeiter beworben werden. Sie funktionieren ausschließlich in Verbindung mit Linkedin-Unternehmensseiten.
Video-Anzeigen: Sie steigern die Awareness – und zwar möglicherweise bald noch intensiver: Derzeit testet Linkedin dem Vernehmen nach die Integration von Video Ads auf Streaming-Diensten, etwa Netflix.
Carousel Ads: Sie eignen sich dank der Verwendung von mehreren Bildern für das Storytelling.
Event Ads: Sie sind, wie der Name andeutet, am besten für die Bewerbung von Veranstaltungen geeignet. Sie werden, wie Single Ads, direkt im Newsfeed der Nutzer ausgespielt.
Text Ads: Sie entsprechen Bannerwerbung. Text Ads sind einfache Anzeigen, die auf Desktops auf der rechten Seite des LinkedIn Feeds erscheinen. Sie bekommen zwar meist viele Impressions, aber wenige Klicks. Daher eignen sie sich eher für die Steigerung der Markenbekanntheit, weniger zur Leadgenerierung.
Spotlight Anzeigen: Sie gehören zu den Dynamic Ads und sind besonders geeignet, Produkte, Dienstleistungen oder Veranstaltungen bewerben. Zudem kann man die Anzeigen personalisieren. Ideal für das Retargeting, weniger gut für die Leadgenerierung.
Recruitment Ads: Die klassischen Recruitment Ads sind eine zentrale Werbeform von Linkedin – nachdem sich ja ohnehin jede Menge potenzielle Job-Kandidaten auf der Plattform tummeln. Es gibt drei Varianten: Stellenanzeigen, Spotlight Ads und Follower Ads.
Für die Formate Single Image Ad, Carousel Ad und Video Ad kann zur Reichweitensteigerung zudem das LinkedIn Audience Network verwendet werden. Dabei werden die Anzeigen über den LinkedIn-Feed ausgespielt, etwa über Apps und Websites von Dritten.
Kosten: Es kann etwas teurer werden - lohnt sich das?
Wer sich für Werbemaßnahmen auf Linkedin entschieden hat, kann nicht einfach nach einer klassischen Preisliste auswählen. Ähnlich wie Facebook oder Google rechnet auch Linkedin nach Klicks ab.
Und das kann auch mal etwas ins Geld gehen: Im Durchschnitt kostet ein Klick zwischen vier und acht Euro. Im DACH-Raum können es auch mal bis zu elf Euro werden – insbesondere, wenn die gewünschte Zielgruppe zu den etwas Kaufkräftigeren zählt.
Bevor man sich dafür entscheidet, sollte man außerdem noch klären, ob Linkedin für das Kampagnenziel überhaupt geeignet ist. "Beispielsweise sollte man vermeiden, sich ausschließlich auf die Leadgenerierung zu konzentrieren, da dies allein langfristig nicht ausreicht. Es sei denn, es wird durch Brand-Maßnahmen unterstützt", so Boecker.
Zudem sollten keine Erwartungen an den eigenständigen Verkauf hochpreisiger Produkte über die Plattform geknüpft werden. Und nicht nur die: "Linkedin eignet sich auch weniger für Produkte mit geringer Wertschöpfung, insbesondere solche unter 5000 Euro."

Millennials und GenZ dominieren bei Linkedin
Bei der allgemeinen Social-Media-Nutzung ist für die Plattform noch Luft nach oben
Anteil der Nutzer von Social-Media-Plattformen nach Altersgruppen in Deutschland im Jahr 2022 . Die Analyse wurde von GIM Gesellschaft für Innovative Marktforschung durchgeführt. Basis: 2007 Befragte aus der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren mit mindestens wöchentlicher Nutzung von Social Media. Computergestützte Abfrage (CATI). Quelle: ARD/ZDF/Statista
Ausblick: Die Nutzerschaft wird breiter
In der Branche geht man davon aus, dass zunehmend auch Zielgruppen aus der produzierenden Industrie und mittelständische Unternehmen auf der Plattform Präsenz zeigen. Das wird die Plattform für viele Werbetreibenden und Recruiter zum einen noch interessanter machen.
"Gleichzeitig wird die Bandbreite der Kommunikationsstrategien auf LinkedIn zunehmen", prognostiziert Alexander Boecker. "Neue und kleine Unternehmen, die erstmal versuchen, Leads zu generieren. Fortgeschrittene Unternehmen, die mit ausgefeilten Content Marketing und Full Funnel Strategien explizit Future Buyer adressieren und ihren eigenen Markt entwickeln." Die Plattform selbst werde Marketing- und Sales Solutions wie den Sales Navigator enger kombinieren und gerade bei Feldern wie Account-Based-Marketing und Attribution noch tiefergehende Features anbieten.
Fazit: Die Möglichkeiten für ambitionierte Marken wachsen. Die Herausforderung wird künftig aber eher darin bestehen, den passenden Content zu liefern. Die technische Optimierung wird zweitrangig.